Erinnerungsort Martin Niemöller

Das Martin-Niemöller-Haus in der Pacelliallee 61 ist das ehemalige Pfarrhaus der Evangelischen Kirchengemeinde Berlin-Dahlem. Hier wohnte Martin Niemöller mit seiner Familie in seiner Zeit als Gemeindepfarrer von Dahlem ab 1932 bis zu seiner Verhaftung am 1. Juli 1937 durch die Gestapo.

In den 1980er Jahren beschloss die Gemeindeleitung, das Haus im Sinne Niemöllers zu einem Zentrum für Friedensarbeit umzugestalten. Seither wird es v.a. von dem damals gegründeten Verein »Friedenszentrum Martin-Niemöller-Haus e.V.« genutzt und erhalten, einem Zusammenschluss von Gruppen, die sich für Frieden, Menschenrechte und nachhaltige Entwicklung einsetzen. Institutionen, Vereine und Projekte wie amnesty international, Aktion Sühnezeichen-Friedensdienste finden hier Büro- oder Versammlungsräume.

Neben dieser Nutzung des Niemöller-Hauses hat die Erinnerung an die Dahlemer Zeit Niemöllers und seinen Widerstand gegen Hitler im Rahmen der Bekennenden Kirche immer eine wichtige Rolle für das Haus und für die Gemeinde gespielt. Diesem Engagement wollen wir mit der Etablierung eines Erinnerungsortes neue Impulse geben. Im 2007 eröffneten "Erinnerungsort Martin Niemöller", im ehemaligen Arbeitszimmer von Martin Niemöller, können sich Gruppen anhand von einer digitalen Ausstellung, Kurzfilmen, Literatur und anderen Medien über das Leben und Wirken von Martin Niemöller informieren und in den Kirchenkampf im Nationalsozialismus eingeführt werden.

Eine Broschüre der EKBO mit allen Berliner Erinnerungsorten finden Sie hier als PDF (1,9 MB).

 

Zielgruppe

Unser Ziel ist es, mit der Einrichtung des Erinnerungsraumes einen Ort zu schaffen, an dem besonders jungen Menschen die Erinnerung an Niemöllers Widerstand gegen Hitler und sein Regime lebendig gemacht wird, die über wenig bis gar keine Vorkenntnisse verfügen. Dementsprechend soll ein Lernort entstehen, wo durch Filme, Hörbeispiele, digitalisierte Ausstellungen und Augenzeugen- und Gruppengespräche in niedrigschwelliger Weise das Beispiel Niemöllers als das eines Menschen gezeigt wird, der gerade in seinen biographischen Brüchen zum Widerständler gegen Hitler und das Naziregime geworden ist: Ein menschlicher »Held« mit Fehlern und Irrtümern.

Wie wird aus einem U-Boot-General und überzeugtem Nationalisten, der wie viele Deutsche anfangs auf Hitler seine politische Hoffnung setzte, einer der entschiedensten Gegner Hitlers und mutiger Kirchenkämpfer gegen die Gesetze der Nazis? Wie wird man zu dem, was man wird: Die Diskrepanz zwischen eigenem Lebensentwurf und tatsächlichem Lebensweg kann dabei reflektiert werden. Gerade für jüngere Menschen, die noch auf dem Weg sind, ihren Platz in der Gesellschaft und ihre Identität im Beruf zu finden, könnte das eine spannende Frage sein.

Jungen Menschen soll vor Augen geführt werden: Widerstand gegen die Diktatur des Nationalsozialismus war möglich, und es hat ihn gegeben. Gleichzeitig darf nicht verschwiegen werden, dass auch die Bekennende Kirche in ihrem Einsatz für jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht eindeutig war.

Geschichte als konkreter Ort

Mit dem neu entstehenden Erinnerungsort wird Geschichte greifbar und vorstellbar. Er befindet sich in dem Ensemble von St. Annen-Kirche (Ort der täglich gehaltenen Fürbitt-Gottesdienste für die vom Naziregime Inhaftierten), dem St. Annen-Kirchhof mit Gräbern engagierter Persönlichkeiten aus der Bekennenden Kirche (z.B. Gertrud Staewen) und dem Mahnmal gegen Rassenwahn, Krieg und Diktatur, sowie dem Gemeindehaus, in dem die Dahlemer Bekenntnissynode tagte, die der Bekennenden Kirche ihre Organisationsform gab und sie so handlungsfähig machte.

An diesen authentischen Orten kann mit Hilfe von Medien und Berichten Geschichte unmittelbar erlebbar gemacht werden. Nach dem Motto »Belebung statt Belehrung« sollen diese Beispiele und Orte jungen Menschen Mut machen und zeigen, dass Widerstand gegen undemokratische Verhältnisse möglich ist.

 

Erinnerungsorte und -räume

Der Begriff »Erinnerungsort« wird in der neuen Geschichtsforschung als Metapher für Fixpunkte in der Vergangenheit gebraucht, auf die sich das kulturelle Gedächtnis richtet, symbolische Figuren. Solche Erinnerungsorte können ebenso materieller wie immaterieller Natur sein, zu ihnen gehören etwa reale wie mystische Gestalten und Ereignisse, Gebäude und Denkmäler, Institutionen und Begriffe, Bücher und Kunstwerke. Die Mehrzahl der gegenwärtigen Historiker teilt die Ansicht, dass die Katastrophe von Drittem Reich und Holocaust sowohl im Außenbild anderer Völker als auch im kollektiven Gedächtnis der Deutschen das zentrale Ereignis sei, wiewohl oft verdrängt wegen seines besonderen Grauens.

Die St.-Annen-Kirche ist als ein solcher Erinnerungsort bezeichnet worden, da sich ein Ereignis von nationaler Bedeutung an diesem historischen Ort abgespielt habe. Martin Niemöller selbst, der auch im Ausland zur Symbolfigur des kirchlichen Widerstandes geworden ist, könnte ein solcher Erinnerungsort für den Widerstand gegen Hitler sein.

Die Beobachtung zeigt: Auch das Martin-Niemöller-Haus wird nicht nur von Berlinerinnen und Berlinern, sondern auch von Gästen aus dem In- und Ausland, als ein solch wichtiger Erinnerungsort betrachtet. Innerhalb unserer Kirche ist er bisher eher nicht als ein solcher wahrgenommen worden. Deshalb gilt es umso mehr, diesen Erinnerungsschatz für die Öffentlichkeit besser zugänglich und erlebbar zu machen. Das Arbeitszimmer Niemöllers soll dabei als besonderer Erinnerungsort dienen: Neben den neuen Medien, mit denen Niemöllers Widerstand in der Kirchengemeinde Dahlem vergegenwärtigt und erforscht werden kann, soll auch ein Leerraum entstehen, der mit Hilfe der eigenen Phantasie zum Erinnern einlädt.


Fotos: Sabeth Stickforth

 

 

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